Luisa Imorde
Lieben Sie Musik, Herr Brahms?
Wenn Johannes Brahms heute in eine Radiosendung eingeladen werden würde und dort die Aufgabe hätte, seine Lieblingsmusik zu spielen, wäre dieses Album sicherlich der Leitfaden, oder seine persönliche Playlist. Die Pianistin Luisa Imorde ist dafür bekannt, Komponisten aus verschiedenen Epochen gegenüberzustellen und so in einen völlig neuen Kontext zu bringen. Das zeigen die fünf Einspielungen, auf denen sie z.B. Bach und Kapustin, oder Couperin und Messiaen zusammen gebracht hat sehr deutlich. Auf ihrem neuen Album „My Inmost Heart – Variations on Brahms“ beschäftigt sie sich mit Johannes Brahms und stellt folgende Fragen: Welche Musik liebte Brahms? Was spielte er selbst gerne in Konzerten? Welche Musik hat er gesammelt oder gar selbst herausgegeben? Von welcher Musik ließ er sich inspirieren? Welche Komponisten kannte und schätzte er persönlich? Und wie entfalten musikalische Bezüge über den Lauf der Geschichte ihre ganz besondere Wirkung?
Herausgekommen ist ein sehr abwechslungsreiches Album mit Musik von Johann Sebastian Bach, Georg Friedrich Händel, Giovanni Battista Pescetti, G.P. Da Palestrina, Wilhelm Friedemann Bach und natürlich von Johannes Brahms. „Brahms war schon als Jugendlicher fasziniert von der Musik, die es vor seiner Zeit gab“, erzählt Luisa Imorde im beigefügten Booklet. „Er hat unglaublich viel ausgegraben, herausgegeben und wiederaufgeführt, weil er zeigen wollte, was das für Schätze waren, und hat ganz viel für ihr Überleben getan.“ In seiner Zeit als artistischer Direktor der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien spielte er in beinahe jedem seiner Programme barocke, mittelalterliche Werke, die er wiederentdeckt hatte: viel Händel und Schütz, aber auch Kompositionen von Johannes Eccard, Giovanni Gabrieli, Giovanni Pierluigi da Palestrina – und Bach.
Und so beginnt die Aufnahme mit Bach und Händel, immer wieder im Wechsel mit verschiedenen Kompositionen von Johannes Brahms, die aber auch im Kontext zu den anderen Komponisten stehen. Auch die weiteren Werke von Pescetti und Da Palestrina werden Stücken von Bahms im Wechsel gegenübergestellt. Wieder einmal bringt Luisa Imorde ein Klavierprogramm sehr klug auf den Punkt und erzählt zwischen den Zeilen Geschichten und schafft es so, uns den Menschen und Musikliebhaber Johannes Brahms näher zu bringen. Dabei zeigt sie auch ganz deutlich ihre Verehrung für Brahms und seine Werke und schreibt dazu im Booklet: „Es gibt kein Werk von ihm, das mich nicht berührt“. Bei ihren Recherchen stieß sie auf so viel Musik und Hintergrundmaterial, dass diese Aufnahme auch weitaus umfassender hätte geraten können, aber es gab noch ein zweites Kriterium für diese Auswahl: „Ich spiele hier nur Kompositionen, die ich selbst sehr schön finde und die aus meiner Sicht die Brahms-Werke wie Schmuckstücke umrahmen können.“ Da Brahms nicht nur reine Klaviermusik komponiert hat, greift Luisa Imorde auch auf Bearbeitungen von Theodor Fürchtegott Kirchner (1823-1903) zurück. Fünf Klavierbearbeitungen, wie z.B. die Variationen über ein Thema von Robert Schumann op. 23 für Klavier zu vier Händen, oder die Liedbearbeitung „Nr. 7, Kommt Dir manchmal in den Sinn“ aus den Zigeunerliedern, op. 103 sind sogar Ersteinspielungen und machen dieses Album zu einem ganz besonderen Schatz.